DK#3: Wind im Rücken und Lion in den Beinen

Nach dem Öffnen der Augenlider vermutete ich den Regen nur aufgrund der ablaufenden Regentropfen am Außenzelt. Hören konnte ich bis vor zwei Sekunden dank Ohropax Soft nichts bis gar nichts – eine Wohltat. In bester Wildtier-Manier steckte ich den Kopf aus meiner Höhle, um die aktuelle Bedrohungslage einzuschätzen, und bemerkte, dass das Zelt zwar äußerlich nass war, unser aller Dach aber von einem Himmel-Wolkenmix dominiert wurde, durch welchen immer öfter die Sonne schien.

Unsere beiden Nachbarn waren bereits, oder so gut wie weitergereist und auch wir fingen mit unserem Morgenritual an. Sortieren, Frühstücken (= Kaffee kochen und Snickers essen), “waschen”, packen, aufsatteln.
Es standen die letzten 110 KM an und wir waren gespannter als das Haarband von Erling Haaland kurz vor dem Torabschluss.

Am Vorabend hatte ich noch den leicht gelockerten Steuersatz meiner Gabel am Vorderrad repariert und war somit Ready2Ride. Saschas Fahrrad war samt Fahrer ebenfalls in a very good mood und so konnte es im Sprint in Richtung BMW 316i losgehen. Etwas mehr als das erste Drittel ging es in Richtung Süden, direkt hinter dem Deich an der Nordsee. Der Wind gab uns den positiven Rest, sodass wir sehr schnell “Meter machen” konnten. Nach dem ersten Sprint mit konstanten 34 km/h machten wir eine kurze Fotopause.

Wer ambitioniert Fahrrad fährt oder sich mit dem Radsport auskennt, weiß, dass der Motor Mensch Sprit benötigt. Die hier oft erwähnten Snickers und andere Zuckereien entsprechen außerhalb des Fahrens natürlich nicht unserer normalen Ernährung. Fährt man aber sehr lang sehr schnell, benötigt man unterwegs kurzkettige Kohlenhydrate = Zucker. Selbstverständlich gibt es dieses Benzin auch in höherwertigen Kategorien (teure Powerbars etc.), Snickers hat sich hier allerdings aus Sicht von Preis und Leistung bewährt. Dazu kommen Elektrolyte, welche allerdings unterwegs schwer zu organisieren sind und ggf. bei der nächsten Tour in Pulverform mitgenommen werden.

Auf Höhe Sylt ging es für uns dann wieder zurück ins Landesinnere in Richtung Tønder. Recht hungrig fuhren wir an einem auf den ersten Blick unscheinbaren Schild vorbei, welches Sascha als Supermarkt vermutete und dankenswerterweise richtig lag. Kekse, Lion, Brötchen, Käse, Bananen und Getränke erbrachten unser Mittagessen.

Die restlichen Kilometer bestanden aus den bereits beschriebenen Untergründen und Umgebungen. Asphalt, geniale Fahrradwege, Feldwege, Schotter, umgeben von riesigen Anwesen, Gemeinden, Wäldern und viel frischer Luft. Als Highlight sind wir kurzzeitig durch eine sehr freundliche Schafherde aufgehalten worden.

Mit einem lächeln auf den Lippen sind wir auf einer Nebenstraße wieder in die Bundesrepublik eingerollt und haben die letzten Kilometer genossen. Mein Auto hat die Tage in der Nebenstraße von Flensburg ebenfalls gut überstanden, und so konnten wir uns bei der Ankunft freudig in den Armen liegen und stolz sein.

Und, nun?

Es war eine unbeschreibliche Erfahrung, durch ein “fremdes” Land mehr oder weniger unabhängig mit dem Fahrrad zu reisen. Bedanken möchte ich mich bei meinem Mitreisenden Sascha. Er hat mir bei der Routengestaltung blind vertraut und hätte mich mehr als einmal gerne gesteinigt. Gerne zitiere ich einen einprägsamen Satz nach der ersten Etappe: “Das kannst Du aber auch echt nicht mit jedem machen, dass ist dir schon klar, oder?” Ja, Sascha, da bin ich mir sogar sehr sicher. Und obwohl wir bei vielen Dingen wirklich sehr anders ticken, freue ich mich auf jede weitere der hoffentlich noch vielen gemeinsamen Reisen.

Auf uns!

Packliste

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